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70er
Jahre


Franz Politzer

MEINE GRAFISCHEN ZYKLEN      

Grafische Zyklen in Kassetten oder Mappen laden zum Blättern ein, sie erzählen eine Geschichte wie ein Buch. Die Oberfläche der Grafiken kann betastet werden, die Eigenarten der Tiefdrucktechnik sind erfühlbar, kein Glas eines Bilderrahmens verhindert das haptische Erleben. Diese Ausstattung gibt den Grafiken etwas Kostbares, das dem Inhalt angemessen ist, den ich den Zyklen zugrunde lege.

Das Arbeiten in Zyklen erlaubt es einerseits, verschiedene Sichtweisen zu einer Thematik darzustellen, andererseits bietet es die Gelegenheit, zeitliche oder kausale Zusammenhänge in einer Bildfolge zu verdeutlichen. Beide Möglichkeiten habe ich in meinen Zyklen genutzt, wobei ich zum überwiegenden Teil die Technik der Farbradierung bevorzugte. Dabei hatte ich immer das gesamte Werk vor Augen und ordnete diesem die einzelnen Teile unter. Bei sämtlichen meiner grafischen Zyklen verwendete ich gleiche Plattengrößen, manchmal in rhythmischer Reihenfolge von Hoch- und Querformaten.

Bei den einen zeitlichen Ablauf dokumentierenden Zyklen strebte ich bei der Bestimmung der Reihenfolge eine ausgewogene Gesamtkomposition an und gestaltete die einzelnen Bilder dementsprechend. Der wesentliche Punkt war dabei die Festlegung der Schritte, die den jeweiligen Ablauf des Geschehens verdeutlichen sollten; es galt eine Bildgeschichte zu erzählen, die plausibel und nachvollziehbar ist. Deshalb verwendete ich in den Bildern auch Kompositionselemente des jeweils vorangehenden Sujets. So findet sich etwa der Bogen aus der Farbradierung "Die Überflutung" im darauffolgenden Blatt "Die Mauer der Dunkelheit" in dreifacher Ausführung wieder, jeweils einen Baum umschließend. Im folgenden Bild "Der letzte Ausweg" flieht dieser Baum vor einer sichtbar gewordenen unterirdischen Bedrohung. Ein wichtiger Bestandteil des Gesamtwerkes sind hier auch die Bildtitel. Zwar verwende ich bei vielen meiner Arbeiten bewußt mehrdeutige Titel als Herausforderung für den Betrachter, bei den erzählenden grafischen Zyklen wählte ich aber Titel, die wie Überschriften zu den einzelnen Kapiteln des Geschehens erscheinen sollen.

Großen Stellenwert hat für mich der Zyklus "Innenwelt", zu dem ich auch die Texte schrieb. Beides entstand gleichzeitig, einander ergänzend und als gleichwertige Bestandteile eines Gesamten. Der Zyklus erzählt den Rückzug eines Mannes, der nur für sich zu malen begonnen hatte, aus der Mitwelt, zunächst in seineWohnung und danach buchstäblich in sich selbst.

In jenen Zyklen, deren Teile verschiedene Aspekte einer Thematik zeigen, war es mir wichtig, diese gleichsam als typische Ausformungen darzustellen. Der Zyklus "Bauwerke" zeigt im ersten Bild einen Raum ohne Decke, der in seinen Wänden große Öffnungen hat. Er bildet "Das sanfte Gefängnis", welches das einzig vorhandene, dreidimensionale Landschaftsstück umschließt. Der "Tarnungsversuch" einer monströsen Brückenkonstruktion erinnert an die Bemühungen, ähnliches zumindest optisch zu mildern. Ein scheinbar auseinandergehacktes Bauwerk gibt einen weiten Blick frei und zeigt "Das verborgene Ufer", das nun erst sichtbar wird, möglicherweise auch nur als Projektion auf die glatte Spaltfläche. Schließlich enthält das einzige geschlossen erscheinende Bauwerk "Die geschützte Landschaft" beim näheren Hinsehen Abbildungen von Gräsern und Blättern an seinen Wänden.

Der Zyklus "Funktionen" befaßt sich mit den verschiedenen Aspekten einer geometrischen Funktion und nimmt diese
als Allegorien für das menschliche Leben.

Außer den in diesem kurzen Überblick dargestellten Zyklen gibt es zahlreiche weitere, von denen ich einige hier nur kurz erwähnen möchte, zum Beispiel den dreiteiligen Zyklus "Einschnitte" aus dem Jahre 1984, aber auch den 1985 entstandenen Zyklus "Fels und Gemäuer", der in drei Farbradierungen Felsformationen und in zwei Radierungen vom Menschen geschaffene Gemäuer als Transformation dieser Felsen zeigt. Im Jahre 1987 schuf ich für die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt/Main einen Zyklus mit dem Titel "Das Zeichen", in dem ich einen signifikanten Teil des Bürogebäudes in einen Bezug zur Geschichte dieses Bankhauses setzte.

Als Vorzugsausgabe für das Buch "BILDER VOM WESENTLICHEN" schuf ich im Jahr 2000 sechs Farbradierungen mit dem gemeinsamen Titel "Gegenstücke". Jeweils zwei davon sind auf einem Blatt gedruckt - gleichsam als Gegenüberstellung verwandter Sujets - und als eine Grafik zu sehen. Der obere, großformatigere Teil mit einer Thematik, die man von mir gewohnt ist, steht jeweils in einer Beziehung zu einem kleineren, unteren Teil, der sich aus meinen bisherigen gegenstandslosen Werken entwickelte. Im unteren "abstrakten" Teil verwende ich ausschließlich Farben der oberen Farbradierung, allerdings neu gewichtet in ihrer Intensität durch veränderte Ätztiefen an den einzelnen Kupferplatten. Bei diesen Arbeiten reizte mich die kalkulierte Gegenüberstellung von rationalen und emotionalen Kompositionsansätzen und deren Verbindung zu einem ausgewogenen Ganzen. Schließlich fanden auch die schon seit geraumer Zeit von mir nicht mehr angewandten Techniken wie Zuckertusche, Collophonium-Aquatinta, Pinselätzung und freie Ätzung wieder ihre Verwendung neben der seit langem praktizierten Strichätzung und der Aquatinta mit dem Asphaltkorn samt deren Stufenätzungen, dem Polieren, Schleifen und Gravieren.

In der gleichen Art fertigte ich 2005 und 2006 die ersten vier Grafiken für den Zyklus "Rechenzeichen", in dem ich
versuchte das Wesen der einzelnen Symbole in sowohl in Bildern mit Lanschaftssujets als auch in einer abstrakten Bearbeitung umzusetzen. Die Vollendung des Zyklus erfolgte 2007.

Im Herbst 2008 machte ich für einen Kalender anläßlich meines bevorstehenden 60. Geburtstages im
Jahre 2010 sechs Radierungen mit dem Titel "Zwischenblick", worin ich meine Landschaftsmotive mit gegenstandslosen Strukturen auf einer Platte verband. Im Jahr 2010 schuf Peter Bielész dazu sechs Gedichte für eine Ausgabe in Buchform.

Ergänzter Auszug aus: "BILDER VOM WESENTLICHEN" erschienen im Österr.Kunst- u. Kulturverlag Wien, 2000


80er
Jahre

90er
Jahre

ab
2000
Abstrakte Bilder
die grafischen Zyklen