VON UNSEREM MITARBEITER ANDREAS
KELLER
> Im Leben ist nicht immer alles
so, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt immer einen
tieferen Sinn, eine unerwartete Wendung, eine Realität hinter
den Dingen. Nirgendwo beweist sich diese Binsenweisheit mehr
als in der bildenden Kunst und dort insbesondere im Surrealismus,
wo das Spiel mit Sein und Schein die Basis allen Schaffens ist.
Einer der interna tional reputierten zeitgenössischen Meister
dieses Genres ist der Österreicher Franz Politzer. In der aktuellen
Ausstellung "Magie der Spiegelung; inszenierte Landschaften"
ist in der Schopper Galerie "Am Rotbrunnen" seit Sonntag eine
gediegene Auswahl seiner Werke zu. sehen.
Die stets menschenlosen, sich
ganz auf die Möglichkeiten (und eben auch Unmöglichkeiten^)
der freien Natur konzentrierenden . Gemälde sind durchweg eine
Art moderne Vexierbilder, auf Leinwand gebannte Spiegel- Kabinette,
hochmoderne Nachfahren der bunten "Laterna Magica" Bilder, die
dereinst schon mit Licht und Farbe über die Phantasie des Betrachters
neue Welten erschaffen konnten. Politzerr gelingt das auf seine
Weise genau so. Er spielt dabei bewusst mit den Erwartungshaltungen
des Betrachters - und führt ihn prompt aufs optische Glatteis.
So ist etwa in "klassischen" Gemälden der hellere Part normalerweise
eher vorne im Bild angesiedelt das Dunklere naturgemäß eher
im Hintergrund. Auch bei Politzer ist das im Prinzip nicht anders,
aber durch perspektivische Verwerfungen und optische Spielereien
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geraten die Ebenen in voller Absicht durcheinander,
verweben sich, verschwinden im NichtsUnd ehe man sich - ganz
buchstäblich - "versieht", ist man als Betrachter schon Teil
des reizvollen Spiels: Was ist nun wirklich, was nur scheinbar?
Da werden Horizonte aufgeweicht, ganze Himmelspartien verschoben,
skurrile Gesteinsformationen und phantastische Steintürme
in immer wieder neue Kontexte gestellt. Solcherlei geträumte
Wirklichkeiten - oder sind es doch wirklichkeitsnahe Träume?
- verschmelzen dabei selbst in Politzers kleineren Werken
zu passgenauen Schlüsseln ins Unterbewusste des Betrachters.
Und wer ganz genau hinsieht und dabei noch ein bisschen sei
ne Assoziationen spielen lässt, der mag in den Werken Politzers
in einer noch einmal gründlich tiefer liegenden Sinnschicht
Bezüge zu aktuellen politisch-gesellschaftlichen Problematiken
erkennen: zerrissene Landschaften, die nur scheinbar von mächtigen,
abgehobenen Brücken ganz weit oben ausgleichend zusammengehalten
wer-, den - welchen Bezug zur Realität könn te man da wohl
sehen?
Aber auch ohne größere Interpretation ziehen
die 30 in jüngster Zeit entstandenen Unikate in Öl und die
sieben Farbradierungen in der Ausstellung die (be-)wundernden
Blicke auf sich.
Bizarre Spiegelungen und un wirkliche Lichtverhältnisse,
gepaart mit im Wortsinne "merk-würdigen" Landschaften und
Bauwerken wie jene im größten Werk der Schau, "Die überbrückte
Brücke", sind schon zu allen Zeiten Blickmagnete gewesen.
Lediglich die Ursprünge der Ideen sind da bei Politzer moderner
Art, wie der Künstler augenzwinkernd und in sympathischem
Wiener Dialekt
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Spiel zwischen Realität und Scheinbarem: Franz Politzer
und seine Bilder "Gedrehtes
Abbild"
(vorne) und "Die überbrückte Brücke"
- FOTO: DIETRICH
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verrät. Inspirierend hätten sich während
seiner langen Anfahrtsreisen ganz profan die Bilder im Autorückspiegel
ausgewirkt. Hier zeigt sich die Umwelt ja spiegelverkehrt
und sich stets vom Betrachter entfernend.
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INFO: Ausstellung
bis 29. Oktober, mon- tags bis freitags 16.30 bis 19 Uhr samstags
13 bis 16 Uhr, in der Gale rie am
"Am Rotbrunnen" in Schopp.
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