Rheinpfalz
7. Okt. 2004
AUF DEM OPTISCHEN GLATTEIS
Ausstellung mit Arbeiten von Franz Politzer in der Schopper Galerie "Am Rotbrunnen"

VON UNSEREM MITARBEITER ANDREAS KELLER

> Im Leben ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt immer einen tieferen Sinn, eine unerwartete Wendung, eine Realität hinter den Dingen. Nirgendwo beweist sich diese Binsenweisheit mehr als in der bildenden Kunst und dort insbesondere im Surrealismus, wo das Spiel mit Sein und Schein die Basis allen Schaffens ist. Einer der interna tional reputierten zeitgenössischen Meister dieses Genres ist der Österreicher Franz Politzer. In der aktuellen Ausstellung "Magie der Spiegelung; inszenierte Landschaften" ist in der Schopper Galerie "Am Rotbrunnen" seit Sonntag eine gediegene Auswahl seiner Werke zu. sehen.

Die stets menschenlosen, sich ganz auf die Möglichkeiten (und eben auch Unmöglichkeiten^) der freien Natur konzentrierenden . Gemälde sind durchweg eine Art moderne Vexierbilder, auf Leinwand gebannte Spiegel- Kabinette, hochmoderne Nachfahren der bunten "Laterna Magica" Bilder, die dereinst schon mit Licht und Farbe über die Phantasie des Betrachters neue Welten erschaffen konnten. Politzerr gelingt das auf seine Weise genau so. Er spielt dabei bewusst mit den Erwartungshaltungen des Betrachters - und führt ihn prompt aufs optische Glatteis. So ist etwa in "klassischen" Gemälden der hellere Part normalerweise eher vorne im Bild angesiedelt das Dunklere naturgemäß eher im Hintergrund. Auch bei Politzer ist das im Prinzip nicht anders, aber durch perspektivische Verwerfungen und optische Spielereien

geraten die Ebenen in voller Absicht durcheinander, verweben sich, verschwinden im NichtsUnd ehe man sich - ganz buchstäblich - "versieht", ist man als Betrachter schon Teil des reizvollen Spiels: Was ist nun wirklich, was nur scheinbar? Da werden Horizonte aufgeweicht, ganze Himmelspartien verschoben, skurrile Gesteinsformationen und phantastische Steintürme in immer wieder neue Kontexte gestellt. Solcherlei geträumte Wirklichkeiten - oder sind es doch wirklichkeitsnahe Träume? - verschmelzen dabei selbst in Politzers kleineren Werken zu passgenauen Schlüsseln ins Unterbewusste des Betrachters. Und wer ganz genau hinsieht und dabei noch ein bisschen sei ne Assoziationen spielen lässt, der mag in den Werken Politzers in einer noch einmal gründlich tiefer liegenden Sinnschicht Bezüge zu aktuellen politisch-gesellschaftlichen Problematiken erkennen: zerrissene Landschaften, die nur scheinbar von mächtigen, abgehobenen Brücken ganz weit oben ausgleichend zusammengehalten wer-, den - welchen Bezug zur Realität könn te man da wohl sehen?

Aber auch ohne größere Interpretation ziehen die 30 in jüngster Zeit entstandenen Unikate in Öl und die sieben Farbradierungen in der Ausstellung die (be-)wundernden Blicke auf sich.

Bizarre Spiegelungen und un wirkliche Lichtverhältnisse, gepaart mit im Wortsinne "merk-würdigen" Landschaften und Bauwerken wie jene im größten Werk der Schau, "Die überbrückte Brücke", sind schon zu allen Zeiten Blickmagnete gewesen. Lediglich die Ursprünge der Ideen sind da bei Politzer moderner Art, wie der Künstler augenzwinkernd und in sympathischem Wiener Dialekt

 


Spiel zwischen Realität und Scheinbarem: Franz Politzer und seine Bilder
"Gedrehtes Abbild"
(vorne) und "Die überbrückte Brücke" - FOTO: DIETRICH

verrät. Inspirierend hätten sich während seiner langen Anfahrtsreisen ganz profan die Bilder im Autorückspiegel ausgewirkt. Hier zeigt sich die Umwelt ja spiegelverkehrt
und sich stets vom Betrachter entfernend.

 

INFO: Ausstellung bis 29. Oktober, mon- tags bis freitags 16.30 bis 19 Uhr samstags 13 bis 16 Uhr, in der Gale rie am
"Am Rotbrunnen" in Schopp.