Bensheim.
Wenn ein renommierter Kunstschaffender 50 Jahre alt wird, verlangt
das natürlich nach einer angemessenen Würdigung. Der 50. Geburtstag
des Malers Franz Politzer gab am Mittwoch den Anlass für eine
festliche und zugleich legere Feier in der Bensheimer Galerie
Böhler. Eingeladen waren die Gäste zu einer "Hommage ä Politzer"
durch den Schriftsteller Hans Christian Kirsch.
Gleichzeitig diente der Abend als Eröffnungsveranstaltung
für die Ausstellung Politzers in der bekannten Bensheimer Galerie.
Der Galerist Wolfgang Böhler begrüßte das erwartungsvolle Publikum
und betonte seine Freude über die große Resonanz dieses eher
kurzfristig organisierten Abends. Voll des Lobes war Böhler
angesicht des Politzer-Buches "Bilder vom Wesentlichen", welches
nach einem Jahr Arbeit veröffentlicht wurde.
Den weiteren
Verlauf der Hommage an den Künstler gestaltete der Schriftsteller
Hans Christian Kirsch. Dem ein oder anderen ist vielleicht sein
Pseudonym Frederik Hetmann, unter dem er seine Jugendbücher
herausgibt, besser geläufig.
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Der
Autor stellte seine Würdigung unter den Titel "Franz Politzer
verlässt das Paradies", da nun zum ersten Mal Werke präsentiert
werden, an denen sich genau die Veränderung in der Entwicklung
des Malers ablesen lässt. Die Ausstellung gibt einen Überblick
über das bisherige Gesamtwerk Politzers.
In seinem Vortrag über seinen Freund Politzer beschäftigte
sich Kirsch mit dem auffälligsten Gesichtspunkt der früheren
Werke, nämlich der Konfrontation und der Spannung zwischen der
"ersten und zwei ten Natur". Der Konflikt der "ersten Natur",
die für alles von Gott Geschaffene steht, mit der "zweiten Natur",
welche die von Menschenhand geschaffenen Aspekte in der Landschaft
definiert, macht die Faszination dieser Werke aus. Sie beinhalten
außerdem "ein sehr starkes Moment des Glaubens, dass die erste
Natur nicht kleinzukriegen ist", erklärt der Schriftsteller.
Die erste triumphiere immer wieder über die zweite Natur. "Trotz
aller Spannung hat sich Politzer eine Art individuelles, privates
Paradies bewahrt", so Kirsch weiter,
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"der Aspekt des Paradiesischen ist in seinen früheren Bildern
immer anzutreffen."
Im Laufe des Veränderungs- prozesses bei Politzer
sei zu beobachten, dass er in seinen neueren Werken eher ausdrücke,
was er in sich selbst vorfindet. "Die späteren Bilder sind Abbildungen
persönlicher Träume des Malers", interpretiert Kirsch, "sie
haben nichts mehr mit Natur zu tun. Auch die paradiesische Komponente
fehlt." Daher auch der Titel seiner Hommage "Franz Politzer
verlässt das Paradies". Die jungen Werke sind "Politzer pur",
wie es der Autor treffend formuliert.
Nach einer kurzen Pause, die viele zu einem Gespräch
mit dem Jubilar nutzten, begann Kirsch aus seinem Goya-Buch
"Der Maler und das Kind" zu lesen. Es beschreibt die Beziehung
des Malers Goya zu einem kleinen Mädchen, welches er im Jahr
1824 bei sich aufnimmt. Er selbst ist zu der Zeit 78 Jahre alt
und lebt vor den Toren Madrids. Die Geschichte handelt in erster
Linie von den Fragen des Kindes, und den Versuchen Goyas, diese
zu beantworten. Der Maler versucht in unbeholfener Art und Weise,
dem 10-jährigen Mädchen sowohl seine Lebensgeschichte als auch
seine Bilder zu erklären.
Auch die Lesung war als Hommage an seinen Freund
Politzer zu betrachten. Zum Ausklang sprach der Galerist noch
einige Worte des Abschieds und bedankte sich herzlich bei Hans
Christian Kirsch. Der lebhafte Applaus der Zuhörer brachte die
Begeisterung über diesen gelungenen Abend deutlich zum Ausdruck..
kfn
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